Kati Wilhelm

Biathlon

  • Name Kati Wilhelm
  • Sportart Biathlon
  • Geboren am 2. August 1976 in Schmalkalden
  • Aufnahme Hall of Fame 2023
  • Rubrik 90er Jahre bis heute

Die Biathletin mit den roten Haaren

Kati Wilhelm war in der ersten Dekade des neuen Jahrtausends die erfolgreichste deutsche Biathletin bei Olympischen Spielen. Die Thüringerin mit dem Markenzeichen der rot gefärbten Haare gewann je drei Gold- und Silbermedaillen sowie einmal Bronze. Zudem wurde sie zwischen 2001 und 2009 fünfmal Weltmeisterin.

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Ihre sportliche Karriere begann Wilhelm als Langläuferin. 1998 nahm sie an den Olympischen Spielen in Nagano sowie 1997 und 1999 an Weltmeisterschaften teil, kam aber nicht in Medaillennähe. Mit dem nötigen Talent zum Schießen ausgestattet, wechselte sie 1999 zum Biathlon. Beim ersten Weltcupstart im Dezember 2000 wurde sie auf Anhieb Dritte. Wenig später überraschte sie bei den Weltmeisterschaften 2001 in Poljuka/Slowenien mit dem Titel im Sprint und trumpfte ein Jahr später bei den Olympischen Spielen 2002 in Salt Lake City/USA groß auf: Sie gewann den Sprint über 7,5 Kilometer vor Teamgefährtin Uschi Disl, Silber in der Verfolgung und noch einmal Olympia-Gold mit der Staffel. 

In den folgenden drei Jahren gewann sie jeweils WM-Medaillen in den Staffelwettbewerben und startete im Olympia-Winter 2006 auch wieder in den Einzelrennen voll durch: In Turin trug sie zur Eröffnung der Spiele die deutsche Fahne und gewann im Verfolgungsrennen ihr drittes olympisches Gold. Hinzu kamen Silber im Massenstart und mit der Staffel. In der Saison gewann sie auch den Gesamtweltcup und wurde zu Deutschlands Sportlerin des Jahres gewählt. In den folgenden drei Jahren gewann sie vier weitere WM-Titel: Den Staffelerfolgen 2007 und 2008 folgte 2009 in Pyeongchang/Südkorea in der Form ihres Lebens der große Triumphzug: Weltmeisterin im Sprint, tags darauf Silber in der Verfolgung, drei Tage danach Weltmeisterin im Einzel über 15 Kilometer und zum Abschluss Staffel-Silber. Kati Wilhelm war auf dem Zenit angekommen. Bei ihren dritten Spielen 2010 in Vancouver/Kanada gewann Kati Wilhelm mit der Staffel ihre siebte Olympiamedaille, diesmal Bronze, und setzte damit einen würdigen Schlusspunkt ihrer Karriere. 

Nach ihrer sportlichen Karriere beendete sie ihr Studium „Internationales Management“ und blieb dem Biathlonsport als Expertin bei Fernsehübertragungen verbunden. Sie widmet sich mit einem nach ihr benannten Nachwuchscamp der Talentförderung und engagiert sich als Vizepräsidentin im Thüringer Skiverband.

Kati Wilhelm

Biathlon

Größte Erfolge

  • Dreimalige Olympiasiegerin (2002 im Sprint und in der Staffel, 2006 in der Verfolgung) 

  • Vier weitere Olympia-Medaillen (dreimal Silber, einmal Bronze) 

  • Fünfmalige Weltmeisterin  

  • Acht weitere WM-Medaillen  

  • Gesamt-Weltcup-Siegerin 2005/06

Auszeichnungen

  • Hall of Fame des Biathlon-Weltverbandes IBU 2023

  • Silbernes Lorbeerblatt 2002, 2006, 2010 

  • Sportlerin des Jahres 2006 

  • Goldene Henne 2009

Biografie

Nach ihrem Wechsel vom Langlauf zum Biathlon entwickelte sich die Thüringerin Kati Wilhelm zur Siegläuferin. Bei Olympischen Spielen und Weltmeisterschaften sammelte sie insgesamt 20 Medaillen – und erfüllte sich damit einen Lebenstraum. Auch nach dem Ende ihrer aktiven Karriere ist sie dem Sport treu geblieben.

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Ihr erster Schuss fiel bei der Militärmeisterschaft in Lillehammer. Damals stand Kati Wilhelm noch ohne Gewehr auf dem Rücken auf den Langlaufski. „Am Tag vor dem Wettkampf habe ich trainiert und bin am Schießstand vorbeigekommen, als ich gefragt wurde, ob ich auch mal schießen will. Frank Ullrich hat es beobachtet und war ganz begeistert“, sagt sie.

Wie oft sie damals ins Schwarze getroffen hat, daran erinnert sich die 47-Jährige heute nicht mehr. Was dagegen im Gedächtnis der Sportwelt bleibt: Es sollten noch viele Treffer folgen. Kati Wilhelm ist dreifache Olympiasiegerin und fünffache Weltmeisterin, hat insgesamt 20 Medaillen bei Großveranstaltungen gesammelt und in der Wintersaison 2005/2006 den Gesamtweltcup gewonnen. Mehr als 100-mal stand sie in ihrer Karriere auf dem Podium.

Heute sind die Medaillen in ihrem Haus verstreut. „Zugegebenermaßen etwas stiefmütterlich. Ich habe keine Vitrine, in denen ich sie präsentiere. Ich weiß, was ich geleistet habe und muss sie nicht jeden Tag sehen“, sagt Kati Wilhelm. Ihr Erfolgsrezept? „Ich brauchte einen langen Atem. Der Weg war schon sehr steinig“, sagt die hochdekorierte Sportlerin heute. Sie habe früh eine gute Balance gefunden. „Ich bin wahnsinnig ehrgeizig und zielstrebig, habe die aktive Zeit aber auch genossen und nicht auf alles verzichtet.“

Anfänge in Steinbach-Hallenberg

Es war ihre vier Jahre ältere Schwester, die Kati Wilhelm zum Training in ihrer Heimatstadt Steinbach-Hallenberg, einem Wintersportort im Thüringer Wald, gebracht hat. Mit viel Spaß absolvierte sie die Einheiten im Verein, lernte die Grundlagen auf den dünnen Langlauf-Brettern kennen und stand bei verschiedenen Wettkämpfen an der Startlinie – und oft auch auf dem Podest. Noch zu DDR-Zeiten verwehrte eine krumme Wirbelsäule ihr den Sprung an die Oberhofer Kinder- und Jugendsportschule. Nach dem Mauerfall wurde sie dann aber an das Sportgymnasium berufen, in dem sie als Langläuferin ausgebildet wurde.

Nur drei Jahre nach dem Abitur – Kati Wilhelm war damals Teil der Sportfördergruppe der Bundeswehr – nahm sie als Langläuferin an ihren ersten Olympischen Winterspielen 1998 in Nagano (Japan) teil und erreichte mit der Staffel einen fünften Platz. Ein Wechsel in das Biathlon-Lager kam ihr zu dieser Zeit noch nicht in den Sinn. „Bei einer Pressekonferenz hatte mich ein Journalist etwas provokativ danach gefragt. Meine Devise war damals aber, dass ich im Langlauf erfolgreich sein möchte und kann.“

Der Entschluss, doch zum Gewehr zu greifen, reifte erst nach der Nordischen Ski WM 1999 in Ramsau, als die deutsche Frauenstaffel Bronze gewann, Kati Wilhelm krankheitsbedingt aber nicht Teil des Teams war. „Ich war enttäuscht. Ich wollte unbedingt auch eine Medaille und habe dann die Entscheidung getroffen, doch noch einmal etwas Neues zu wagen.“

Klare Vision beim Wechsel ins Biathlon-Lager

Der Familienrat tagte, und wieder war ihre Schwester eine gute Ratgeberin. Den Segen holte sich Kati Wilhelm zudem bei ihrem ehemaligen Langlauftrainer Kurt Albrecht. „Er sagte damals zu mir: Wenn du in der Staffel aufgestellt wirst, hast du eine Medaille so gut wie sicher. Aber ich wollte ehrlich gesagt mehr. Eine Einzelmedaille war mein Ziel.“

Und wie sie ihre Ziele verfolgte! In ihrem ersten WM-Rennen als Biathletin gewann sie Gold im Sprint. Von den Olympischen Winterspielen in Salt Like City 2002 kehrte sie mit zwei Gold- und einer Silbermedaille nach Hause. Zu ihren persönlich größten Erfolgen zählt sie die Olympischen Winterspiele in Turin vier Jahre später, mit Gold in der Verfolgung und Silber im Massenstart und der Staffel. „Als Gesamtweltcupführende war ich Top-Favoritin. Dass ich die Leistungen auch bei Olympia auf dem Punkt abrufen konnte, macht mich schon stolz.“

Ein weiterer Karrierehöhepunkt war die WM im südkoreanischen Pyeongchang 2009, bei der sie zwei Gold- und zwei Silbermedaillen sammelte. Erstmals konnte sie auch im Einzel, ihrer Achillesferse, triumphieren. Es war der Lohn für mutige Schritte in der Vorbereitung. Kati Wilhelm hatte ihre Heimat verlassen und den Trainingsmittelpunkt nach Bayern verlegt, unterstützt von einem eigenen Trainerstab. Und sie hat ihre Lehren aus ihren Misserfolgen gezogen. „Ich hatte viele Weltmeisterschaften, bei denen es nicht so gut lief wie im Weltcup. Das tut weh, darauf kann man sich nicht vorbereiten. Aber daran wächst man.“

Boom des Biathlons-Sports

Nicht zuletzt dank Kati Wilhelm erlebte der Frauen-Biathlon in Deutschland einen Boom. Die TV-Quoten schossen in die Höhe, Millionen Zuschauer schalteten regelmäßig ein. Oberhof, Ruhpolding und Antholz wurden zu Biathlon-Hochburgen. Ein Autogramm der Thüringerin oder gar ein Foto mit ihr waren begehrt, die Anfragen für Fotoshootings, Sponsorentermine und Talks häuften sich. „Mir fiel es nicht schwer, in der Öffentlichkeit zu stehen. Ich habe es genossen, gefragt zu sein und den Trubel ganz gut verkraftet. Wenn ein Fan ein Autogramm wollte, habe ich das als Anerkennung meiner sportlichen Leistung verstanden.“

Nach den Olympischen Winterspielen 2010 in Vancouver entschied sie sich, ihre erfolgreiche Karriere zu beenden. Die Zeit nach der Karriere rief, wobei Biathlon sie weiterhin begleiten sollte. Allein schon durch ihren Lebensgefährten Andreas Emslander, der als Skitechniker arbeitete. 2005, beim vorolympischen Wettkampf, lernten sie sich kennen und lieben.

Nach dem Rücktritt gründeten sie eine Familie. Mit Tochter Lotta und Sohn Jakob lebt das Paar in Wilhelms Elternhaus in Steinbach-Hallenberg, meistern den neuen Alltag, treiben aber auch viel Sport und lieben das gemeinsame Reisen, zum Skifahren in den hohen Norden oder mit dem Camper nach Sardinien. „Jakob stand mit dem Schnuller auf dem Langlaufski. Ich zwinge sie zu nichts, aber ich möchte, dass sie sich für etwas begeistern können.“

Dem Sport treu geblieben

Die Thüringerin ist dem Sport treu geblieben. Zwölf Jahre lang arbeitete sie im „Das Erste“ als Biathlon-Expertin und erklärte dem Publikum die Leistungen ihrer Nachfolger. Daneben sind ihre Erfahrungen als Speakerin gefragt. „Nach über 25 Jahren kenne ich mich mit Erfolg, aber auch mit Niederlagen aus. Ich musste mich in meiner Karriere oft neu erfinden und neue Wege gehen.“

Aktuell absolviert Kati Wilhelm ihre Trainerausbildung, im Frühjahr steht die Prüfung für den Trainerschein an. Darüber hinaus begeistert sie vormittags als Bewegungscoach, ein Projekt des Landessportbunds Thüringen, den Nachwuchs in Kindergärten und Grundschulen für den Vereinssport. Die Nachmittage sind dem Training der jungen Sportlerinnen und Sportler in ihrem Heimatverein in Steinbach-Hallenberg gewidmet. „Ich möchte nicht nur darüber fachsimpeln, warum zu wenig Athleten nachkommen, sondern anpacken und die Potenziale ausschöpfen. Die Arbeit an der Basis erdet. Wer sieht, wie viele Aufgaben im Verein anfallen, kritisiert die Nachwuchsförderung nicht so leicht“, sagt sie.

Als Vize-Präsidentin des Thüringer Skiverbands hat sie die Wintersportvereine im Blick. Und seit zehn Jahren organisiert sie ihr selbst initiiertes Herzensprojekt, das Kati-Camp, bei dem die besten Nachwuchsbiathleten Deutschlands in Oberhof zusammenkommen, um gemeinsam mit ihr und den besten Coaches zu trainieren.

Einen klassischen 9-to-5-Job hat Kati Wilhelm, die Internationales Management studiert und bis Ende 2022 mit ihrem Restaurant „Heimatlon“ auch ein gastronomisches Standbein hatte, nicht. Trotzdem – oder gerade deswegen – ist ihr Kalender voll, sie ständig auf Achse. Zeit für das eigene Training bleibt da kaum. „Früher hatte ich immer ein ganz konkretes Ziel, aber der sportliche Anreiz ist nicht mehr da. Der innere Schweinehund ist auch bei mir sehr aktiv“, sagt sie und lacht.

Susann Eberlein, November 2023

 


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