Frankfurt am Main, 14.05.2020

40 Jahre nach Olympia-Boykott: "Hall of Fame"-Mitglied Cornelia Hanisch: "1980 sogar noch brutaler" als Tokio-Verschiebung heute

Fecht-Olympiasiegerin Hanisch und ehemaliger Weltklasseschwimmer Prof. Klaus Steinbach erinnern sich im Sporthilfe-Interview an den BRD-Boykott von 1980 / „Hall of Fame“-Mitglied Steinbach: „Neue Motivation aufzubauen, ist extrem schwierig“

Fecht-Olympiasiegerin Cornelia Hanisch und der ehemalige Weltklasseschwimmer sowie letzte deutsche NOK-Präsident Prof. Klaus Steinbach, beide Mitglieder der von der Deutschen Sporthilfe initiierten „Hall of Fame des deutschen Sports“, beurteilen ihren unfreiwilligen Verzicht auf die Olympischen Spiele 1980 von Moskau als „noch brutaler als für die Athleten heute“ (Hanisch) beziehungsweise als „extremen Motivationsabfall“ (Steinbach). Beide könnten sich sehr gut in die aktuelle Lage der Athleten nach der Verschiebung der Olympischen Spiele von Tokio hineinversetzen, so Hanisch und Steinbach im Interview mit der Deutschen Sporthilfe. Am morgigen Freitag vor exakt 40 Jahren, am 15. Mai 1980, hatte das deutsche Nationale Olympische Komitee (NOK) bei seiner Mitgliederversammlung entschieden, nicht an den Spielen in der Sowjetunion teilzunehmen.

Hanisch erlebte den Boykott damals als „ohnmächtige Sportlerin“. Es sei 1980 eine politische Entscheidung gewesen, an der sie drei Monate zu knabbern gehabt habe. „Was jetzt geschieht, passiert hingegen der ganzen Welt gleichermaßen. Keiner kann zu Olympia fahren.“ Die Nicht-Teilnahme brachte sie um die anvisierte Olympia-Medaille: Hanisch war amtierende Weltmeisterin und bestätigte den Titel im Jahr 1981. „Für mich war es hart, weil ich mit 28 Jahren im besten Fechteralter war und nicht wusste, ob ich vier Jahre später noch einmal die Chance haben werde. International habe ich das Fechten ja ein paar Jahre lang mitbeherrscht. Da wäre es schade gewesen, hätte ich keine Olympia-Medaille gewonnen“, so Hanisch. 1984 in Los Angeles gewann sie dann Gold mit dem Team und Silber im Einzel.

Für Steinbach bedeutete der Boykott hingegen sogar das Karriereende. „Es hätten meine dritten und letzten Spiele sein sollen, ich war zu diesem Zeitpunkt Europarekordhalter über 100 Meter Freistil und eine wichtige Säule in der Nationalmannschaft“, sagt der Preisträger der Goldenen Sportpyramide 2018. Er selbst habe das Glück gehabt, mit 18 Jahren in München (Silber mit der 4x200m-Freistil-Staffel) und vier Jahre später in Montreal (Bronze mit der 4x100m-Lagen-Staffel) bereits zwei Medaillen gewonnen zu haben. Von 2002 bis 2006 war der Mediziner und spätere Klinikleiter Präsident des Nationalen Olympischen Komitees und zweimal Chef de Mission der deutschen Olympiamannschaft. „Ich verstehe, wie schwierig es nun für die Athleten sein muss, neue Motivation aufzubauen – für ein Ereignis, das man in diesem Jahr geplant hatte, das nun aber frühestens nächstes Jahr stattfindet“, so Steinbach. Zukünftige Olympioniken hätten jetzt lange Zeit zur Vorbereitung und dürften dabei „sicher auch einmal mental in die Knie gehen“.

Die Aussagen im Video finden Sie unter Angabe der Quelle „Deutsche Sporthilfe“ hier zur freien Verwendung:

Cornelia Hanisch: https://youtu.be/jzAWfJL_gVE

Prof. Klaus Steinbach: https://youtu.be/taK8LYRXoa8


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