Fußball
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Von 1970 bis 1979 spielt Uli Hoeneß für den FC Bayern München. Er gewinnt u.a. drei Mal die Deutsche Meisterschaft und ein Mal den DFB-Pokal.
Auch mit der Nationalmannschaft feiert Hoeneß große Erfolge: 1974 wird er Weltmeister im eigenen Land.
Aufgrund einer schweren Knieverletzung beendet Hoeneß seine Karriere bereits mit 27 Jahren. Daraufhin übernimmt er den Managerposten beim FC Bayern.
In seiner Zeit an der Spitze des FC Bayern formt er den Klub zu einem der erfolgreichsten Fußballvereine Europas und gewinnt u.a. 20 Deutsche Meisterschaften und zwei Champions-League-Titel.
Ein Urteil als Zäsur in der persönlichen Geschichte des Uli Hoeneß und des FC Bayern München: Der geständige Hoeneß wurde – nachdem eine Selbstanzeige als unvollständig und unwirksam erachtet worden war - am 13. März 2014 von der 5. Strafkammer des Landgerichts München II wegen Steuerhinterziehung zu einer Freiheitsstrafe von dreieinhalb Jahren verurteilt. Er trat daraufhin von seinen Funktionen als Präsident des FC Bayern München e.V. und als Vorsitzender des Aufsichtsrats der FC Bayern München AG zurück.
Gegensätze ziehen ihn an. Er lebt sie sogar aus. Uli Hoeneß verkörpert das Prinzip des Sowohl-als-auch, ohne wie ein wandelnder Kompromiss oder gar unentschlossen zu wirken. Er war zu einer Ikone des FC Bayern München und des deutschen Sports geworden, weil er nie eindimensional denkt oder handelt und sowieso bei allem, was er tut, zuerst die Menschen, mit denen er zu tun hat, dann seinen Verein, den er mitgeprägt hat, vor Augen hat. Der langjährige Manager des deutschen Fußball-Rekordmeisters, der nach mehr als dreißig Jahren auf der Bank und im Tagesgeschäft des größten deutschen Klubs den „Kaiser“, also Franz Beckenbauer, als Vorsitzenden des Bayern-Aufsichtsrats (seit März 2010) und als Vereinspräsident (seit November 2009, jeweils bis 14. März 2014) beerbte, hat die große Geschichte seines Vereins mehr als jeder andere gestaltet. Mit seinem Willen, seiner Leidenschaft, seinem Kampfesmut und seinen Überzeugungen hat der Sohn eines Ulmer Metzgermeisters so etwas wie das Grundgesetz dieses ganz besonderen Klubs verfasst. Die Bayern waren schon zu den Zeiten, da Hoeneß noch am Ball war, eine der ersten europäischen Fußballadressen; mit dem Manager Hoeneß an der Spitze wurde aus einem sportlich überaus erfolgreichen auch ein bemerkenswert reicher und doch sehr familiärer Verein, der seine Wurzeln nie leugnete und selten überkandidelt anmutete. Er gehört längst zu den deutschen Markenzeichen und hält mit seinen hoch bezahlten Profis an der Spitze auch als Kapitalgesellschaft die Spannung zwischen einem prosperierenden Geschäftsbetrieb und den Basisbedürfnissen seiner Mitglieder bis heute besser als vergleichbare Klubs anderswo in Europa aus.
Hoeneß, seinen Bayern seit 1970 zu selbstverständlich treuen Diensten verpflichtet, sind über die Jahre eine Fülle von mehr oder weniger kennzeichnenden Etiketten angeheftet worden: Vordenker, Macher, Revolutionär mit realistischen Visionen, perfekte Symbiose aus Footballman und Businessman oder Gutmensch im Kampfanzug. Wie auch immer er bündig beschrieben wurde, sein Mut und seine Tatkraft schimmern durch alle Porträts, die von diesem einst stürmischen Sprinter auf dem Platz und heute noch angriffslustigen Protagonisten am Schreibtisch gezeichnet werden. Sein scharfer Intellekt und seine rasche Auffassungsgabe haben aus Uli Hoeneß eine scheinbar zeitlose Persönlichkeit gemacht, die ihrer eigenen Agenda folgt und sich doch dem Wandel der Zeiten, manchmal aber ungern, nicht prinzipiell widersetzt. Wäre es anders, Hoeneß hätte nicht zum Manager aller Manager in seiner Liga werden können.
Wer bei den Bayern ein und aus geht, weiß, dass Uli Hoeneß, seitdem er 1979 im Alter von erst 27 Jahren Robert Schwan als Manager folgte, schon vielen Menschen in Not geholfen hat. Eine seiner Maximen lautet noch heute: „Nicht nach oben buckeln und nach unten treten, sondern umgekehrt: die Großen anpinkeln und den Schwachen helfen.“
Diese These hat Hoeneß oft belegt. Er pflegte die in seinen Wendungen oft bemühte „Streitkultur“ wie kein anderer Kollege in der Bundesliga, provozierte immer gern und ist rhetorisch kaum noch zu bremsen, wenn er sich erst einmal auf ein Objekt seines Zorns fixiert hat. Wer Uli Hoeneß mit Worten beikommen will, muss kaltblütig, reaktionsschnell und argumentativ auf der Höhe des Diskurses sein. Nur so hat er eine Chance gegen den Meister der Scharfzüngigkeit, der das Areal seiner ihm eigenen Gutmütigkeit jederzeit zu verlassen in der Lage ist, um sich dann offen für eine von ihm als richtig erkannte Sache zu schlagen. Seine Triumphe im konfrontativen Dialog pflegt Hoeneß mit einem selbstgewissen Lächeln zu genießen. Nachtragend aber oder unfähig, selbst Kritik einzustecken, ist er in aller Regel nicht.
Irrtümer zu korrigieren, gehört mit zu seinen Alltagsaufgaben. Er hat sie während seiner drei Jahrzehnte als Manager eines Alles-Gewinners im Fußball in überschaubaren Grenzen halten können. Auch, weil Uli Hoeneß stets neugierig auf andere Menschen und deren Sicht aufs Leben war. Eben deshalb macht der Schwabe eine konstante Evolution durch.
Dass er neben dem Konzern FC Bayern München auch eine eigene Wurstfabrik in Nürnberg zu einem profitablen Unternehmen gemacht hat, verwundert nicht. Hoeneß hat seine pragmatische Lebensdevise „learning by doing“ auch ohne Fachstudium zu einer sportlich wie ökonomisch eindrucksvollen Biografie verdichtet. Schon als Schulsprecher seines Ulmer Gymnasiums verhalf er einer damals defizitären Schülerzeitung per Eigenakquisition von Anzeigen zu Überschüssen. Und so ging er auch bei den Bayern im Erschließen von Sponsorenquellen oder beim Vermarkten der vereinseigenen Fanartikel stets mit Akribie und Fantasie voran. Inzwischen vermeldet dieser Klub Jahr für Jahr Rekordbilanzen.
Hoeneß verkörpert zwar wie sonst nur der über allem schwebende früher majestätische Libero und lebenslange Fußball-Kaiser Beckenbauer den FC Bayern, doch ist ihm dabei stets bewusst geblieben, dass damit keine Besitzansprüche verbunden sind, die nachfolgenden Manager-Generationen in Form von Schulden wehtun könnten. Deshalb war der Münchner Zampano auch immer so stolz auf das beachtlich gefüllte Festgeldkonto, von dem sich der Klub bei recht üppigen Einkaufstouren bedienen konnte. Uli Hoeneß hielt stets die wirtschaftliche Balance im Parallelogramm der Kräfte zwischen Ausgeben und Einnehmen. Für seinen Klub war er immer ein Chefverkäufer, der mit Kampfgeist und Courage zum Vorbild einer ganzen Branche wurde. Dass er in der ganzen Bundesliga auch die Gesetzmäßigkeit der Solidarität mit den Schwächeren beachtete, war nicht nur ein Akt der Nächstenliebe. Der Münchner Manager schätzte gerade in Zeiten, da der europäische Fortschritt des FC Bayern ins Stocken geriet, den nationalen Wettbewerb immer sehr hoch ein. Damit bewies er ein Augenmaß, das manchen Kollegen, die allein auf die Geldmaschine Champions League fixiert schienen, manchmal fehlte.
Nur kühl und nur strategisch indes ging Hoeneß nie zu Werke. Er hat sich auch mit wachsendem Alter einen gelegentlich aufscheinenden Hang zum Schwärmerischen, manchmal durchmengt mit kindlicher Freude, bewahrt. Etwa, wenn er Silvester im Kreis seiner Familie und Freunde zum Cheffeuerwerker wird. Und er ist ein Gourmet vor dem Herrn, der auch mal abschalten und genießen kann, wenn die Zeit für ein prächtiges Mahl und eine edle Flasche Weißwein bleibt. Er ist bei sich selbst und über all die Jahre ein mitfühlender Mensch mit viel Humor geblieben. Auch deshalb mögen ihn sogar seine Gegner, da der Mann, der jahrelang die Abteilung Attacke beim FC Bayern angeführt hat, seine Emotionen, sogar seine Anflüge von Sentimentalität nie verborgen hat.
Dann kamen Anfang 2014 der Prozess und das Urteil gegen Hoeneß. In einer persönlichen Erklärung vom 14. März hieß es: „Nach Gesprächen mit meiner Familie habe ich mich entschlossen, das Urteil des Landgerichts München II in meiner Steuerangelegenheit anzunehmen. Ich habe meine Anwälte beauftragt, nicht dagegen in Revision zu gehen. Das entspricht meinem Verständnis von Anstand, Haltung und persönlicher Verantwortung. Steuerhinterziehung war der Fehler meines Lebens. Den Konsequenzen dieses Fehlers stelle ich mich. Außerdem lege ich mit sofortiger Wirkung die Ämter des Präsidenten des FC Bayern München eV und des Aufsichtsratsvorsitzenden der FC Bayern München AG nieder. Ich möchte damit Schaden von meinem Verein abwenden. Der FC Bayern München ist mein Lebenswerk und er wird es immer bleiben. Ich werde diesem großartigen Verein und seinen Menschen auf andere Weise verbunden bleiben, solange ich lebe.“ Viele Wegbegleiter und Zeitgenossen zollten ihm dafür Respekt.
Roland Zorn, Mai 2009 (mit Änderungen im April 2014)
Literatur zu Uli Hoeneß:
Peter Bizer: Uli Hoeneß. Nachspiel. Mensch, Macher, Mythos. Hamburg, 2014.
Christoph Bausenwein: Das Prinzip Uli Hoeneß. Ein Leben in Widersprüchen. Göttingen 2014.