Harry Valérien

  • Name Harry Valérien
  • Geboren am 4. November 1923 in München
  • Todestag 12. Oktober 2012 in Berg am Starnberger See
  • Aufnahme Hall of Fame 2013
  • Rubrik Gestalter & Denker

Sportjournalist mit Herz und Verstand

Als langjähriger Moderator der ZDF-Sendung „Aktuelles Sportstudio“ war der Sportjournalist Harry Valérien bekannt für seine fundierten Reportagen und Interviews. Er berichtete über vier Jahrzehnte hinweg von Olympischen Spielen und engagierte sich früh gegen Doping. Seine Spezialgebiete waren Wintersport und Schwimmen, später auch Golf.

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Nach dem Besuch der Deutschen Journalistenschule führte Valériens Weg über die Arbeit beim Münchner Merkur und dem Bayerischen Rundfunk im Jahr 1962 zum ZDF, wo er von 1963 bis 1988 insgesamt 283-mal das „Aktuelle Sportstudio“ moderierte. Mit Ausnahme von 1956 berichtete er von 1952 bis 1996 von allen Olympischen Sommer- und Winterspielen. Valérien galt als „Fachmann mit Herz“, er war für seinen Wortwitz und bayrischen Charme geschätzt, für seine bunten Pullover bekannt und als herausragender Interviewer anerkannt.

Als einer der ersten Journalisten wagte er sich 1977 mit Sendungen an das Thema Doping, auch gegen interne Widerstände. Nach seiner Pensionierung beim ZDF arbeitete er als Golfkommentator für die privaten TV-Sender Sat.1 und Premiere.

Harry Valérien

Auszeichnungen

  • Herbert-Award für das Lebenswerk (2009)
  • Bayerischer Fernsehpreis (2004)
  • Bambi für den besten Sportreporter des Jahres (1972, 1979, 1990)
  • Goldene Kamera (1965, 1976, 1988)
  • Telestar (1988)
  • Goldene Ehrennadel der Stadt Mu¨nchen (1983)
  • Oskar (Österreich, 1982)

Besondere Biografie

Harry Valérien wurde stellvertretend für den Bereich „Besondere Biografie im Einsatz für die Werte des Sports“ in die Hall of Fame des deutschen Sports aufgenommen.

Biografie

Während den Olympischen Spielen 1976 in Montreal gab es bei den Schwimm-Wettbewerben eine ungeplante Pause – eine knappe Stunde nur, aber eine leere Sendezeit und eine leere Schwimmhalle können zur Katastrophe werden, wenn da außer einem gelangweilten Hallenarbeiter niemand zu sehen ist und nichts passiert. Der Reporter an seinem Mikrofon aber schien das zu genießen. Er erzählte seinen Zuschauern über den Atlantik hinweg von Sportlern, von Siegern und von Verlierern – die Menschen zu Hause erfuhren vor dem blauen, leise plätschernden Wasserbecken wahrscheinlich mehr zu Olympia als sonst in der Hektik um Medaillen und Rekorden. Der Reporter wurde keinen Moment schulmeisterlich – mit seiner ruhigen Stimme, die das hochmünchnerische Idiom keinen Moment verleugnete, machte er die ungeplante Pause im olympischen Programm zu einem Gewinn. Populär war er, ohne Pathos. Der Name des Reporters: Harry Valérien.

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Ein Name wie dieser klingt nicht unbedingt sehr bayerisch, und als der junge Valérien sich im Münchner Funkhaus präsentieren sollte, gab es durchaus einen Chef, der da meinte, man hätte auch ein einheimisches Talent nehmen können. Dabei verleugnete Harry Valérien seine bayerische Herkunft genauso wenig wie der römische Kaiser vor tausend Jahren mit dem nahezu identischen Namen.

Die Laufbahn als Journalist und Redakteur begann er beim „Münchner Merkur“, nachdem er  1946 die gerade eröffnete Deutsche Journalistenschule besuchte. 1949 trat er dann als Reporter beim Bayerischen Rundfunk an. Drei Jahre später wurden in Oslo die Olympischen Winterspiele ausgetragen, erstmals nach dem Zweiten Weltkrieg wieder mit einer deutschen Mannschaft. Unter den älteren und erfahrenen Reportern aus der Bundesrepublik gab es insgeheim einen Wettbewerb, wer von den Anstalten der ARD diese Spiele besuchen und davon berichten durfte. Der damals 28 Jahre alte Valérien gehörte dazu.

Er wurde am 4. November 1923 in München geboren. Seine Mutter verlor er als Vierzehnjähriger durch einen Autounfall. Der Vater – ein Pressefotograf – starb ein Jahr später nach einem langen Herzleiden. Harry und seine drei Geschwister wurden vom Großvater aufgezogen, und er selbst in eine Mechaniker-Lehre gegeben. Nach Ende der Ausbildung wurde er in einen sogenannten „kriegswichtigen“ Betrieb gesteckt. 1943 wurde er zu den Gebirgsjägern eingezogen, mit dem Kriegsende 1945 kam er in amerikanische Gefangenschaft.

Wie bei vielen jungen Menschen auf der Welt konnte das Leben erst danach so richtig beginnen. Harry Valérien hatte bei den Olympischen Winterspielen in Oslo auf sich aufmerksam gemacht. Er gehörte als Reporter und Kommentator bis 1996 zum festen Stamm der Sender. Zunächst bei der ARD, dann beim ZDF, wo er - am gelben Pullover zu erkennen - zu den Markenzeichen gehörte. Ein immer fairer, aber auch ein unerbittlicher Fragesteller, unaufgeregt und beharrlich zugleich, fein im Ton, hart in der Sache; ein Mann, der sich nie auf Kosten anderer zu profilieren versuchte, der nie Verlierer produzierte. Er sah sich als Partner seiner Gesprächsgäste.

„Reporter"", hat Harry Valérien oft hervorgehoben, „war immer mein Traumberuf.“ Er hat ihn stilbildend für junge Journalisten gelebt und war stets auf der Suche nach dem Kern der Dinge. „Was wir nicht wissen“, hat er einst gesagt, „müssen wir aufblättern. Und wenn wir es aufblättern, kommt so viel zutage, wie wir es gar nicht für möglich gehalten hätten.“ Seine professionelle Neugier auf die Menschen und das, was sie besonders gern tun oder besser gelassen hätten, waren sein Antrieb. Mehrere Male bot man ihm an, die Leitung der ZDF-Sportredaktion zu übernehmen, aber Valérien lehnte immer ab: „Ich bleibe lieber der Reporter – die Verwaltung liegt mir nicht.“

Was ihm aber „lag“, war das „Aktuelle Sportstudio“, das – am 24. August 1963 erstmals ausgestrahlt - über Jahrzehnte zum Samstagabendvergnügen in deutschen Wohnzimmern gehörte. Harry Valérien moderierte die Sendung bis 1988 insgesamt 283 Mal. Dazu kamen Filme, Galas, Quiz, Talk-Shows. Er war ein Vorkämpfer. Was zerstörerisch für seinen geliebten Sport anmutete, prangerte er stets klar und unmissverständlich an. So erkannte er schon früh, zu einer Zeit, da über Doping im Sport eher hinter vorgehaltener Hand geraunt als offen geredet wurde, die Bedrohung durch diese gefährliche Wettbewerbsverzerrung. Er machte eine vielbeachtete Serie mit berühmten Sportlern und eine andere namens „Hallo Max“ mit Max Schmeling. Er schwamm mit dem Meisterschwimmer Werner Lampe um die Wette und gewann, weil Harry sich eine Flosse an die Füße schnallte. Die Reihe „Sportspiegel“ war ein Musterbeispiel für die umfassende, tiefgehende Darstellung des ganzen Sports, aufklärend, aber auch unterhaltsam - schließlich machte er auch Auto-Tests. Zu seinen bevorzugten Themen gehörten die alpinen Skirennen. Valérien war selbst ein guter Skifahrer und vermochte mit den Sportlern auf gleicher Ebene diskutieren. Zu einer gewissen Berühmtheit brachte es sein „Zappradi, Bursch!“, wenn er den groben Sturz oder ein gewagtes Fahrmanöver eines Freundes kommentierte – der Schrecken wurde zu einem geflügelten Ausruf. Den Olympischen Winterspielen 1994 in Lillehammer widmete er in einem seiner vielen Bücher so etwas wie eine Liebeserklärung: „Je schöner das Fest, desto schmerzlicher der Abschied!“

Ein ähnliches, fast intimes Verhältnis entwickelte er zum Schwimmen und dessen Athleten. Eine besondere Liebe galt dem Golf, die Sportart hatte das starke Mitgliederwachstum des Verbandes sicherlich auch den unermüdlichen Sendungen von Harry Valérien zu verdanken – eine seltene Verbindung zwischen Reporter und Sport.  Er reiste als Erster zu den großen Turnieren und machte seine Zuschauer am Bildschirm mit dem zunächst fremden Spiel vertraut. Das war eine Art Missionsarbeit.

Valérien veröffentlichte mehrere Dutzend Bücher zu den verschiedenen Themen des Sports. Er schuf den schönsten und größten Band über „Golf – Faszination eines Weltsports“ – darin schrieb er: „Golfer scheuen sich nicht, zuzugeben, dass sie von ihrem Spiel besessen sind. Doch längst weiß jeder einzelne, mein ungenügendes Golf – das bin immer ich, nicht der schwierige Platz, nicht der im Weg stehende Baum, nicht der vorgelagerte Teich, nicht das schwülheiße Wetter, nicht die alten Schläger. Nirgendwo sonst, stellen sie fest, wird man innerhalb von kurzen Abständen so schonungslos auf seine Unfertigkeit hingewiesen, weder beim Schwimmen noch beim Skilaufen.“ Und weiter: „Wer Gleichmaß in diesem Spiel sucht, sollte wissen, dass das einzig Beständige im Golf die Unbeständigkeit ist!“

Man hat Harry Valérien mit allen Ehren bedacht, die in der Branche möglich sind. Eine nicht vollkommene Auswahl: dreimal Goldene Kamera, dreimal Goldener Bambi, Goldener Gong, Telestar, Bayerischer Fernsehpreis, Ehrennadel der Stadt München. Nachdem er beim ZDF die Pensionsgrenze erreicht hatte, arbeitete er als „Freier“ bei den neuen Sendern Sat.1 und Premiere.

Harry Valérien war mit Randi verheiratet, einer Skifahrerin aus Norwegen, die sich temperamentvoll für die nukleare Abrüstung einsetzte. Sie wohnten zuletzt in Berg am Starnberger See und hatten zwei Töchter,  Tanja und Laila. Laila starb 2007 an einer unheilbaren Krankheit. Valérien verstarb am 13. Oktober 2012. Er hatte bei Freunden einem Fußballspiel zugeschaut, auf der Heimfahrt hörte sein Herz auf zu schlagen.

Ulrich Kaiser


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