Uwe Seeler

Fußball

  • Name Uwe Seeler
  • Sportart Fußball
  • Geboren am 5. November 1936 in Hamburg
  • Todestag 21. Juli 2022 in Norderstedt
  • Aufnahme Hall of Fame 2006
  • Rubrik 60er Jahre

Uns Uwe: Fußballidol und WM-Legende

Der vierfache WM-Teilnehmer Uwe Seeler war viele Jahre der bekannteste und beliebteste deutsche Fußballer, auch wenn er nie einen großen internationalen Titel gewann. Mit 1.980 Spielminuten in 21 WM-Begegnungen 1958, 1962, 1966 und 1970 war der Stürmer Rekordhalter in der Geschichte der Fußball-Weltmeisterschaften, bis ihn Lothar Matthäus 1998 übertraf.

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Bei der Weltmeisterschaft 1966 führte Seeler die deutsche Mannschaft als Kapitän bis ins Finale, 1970 wurde er WM-Dritter und erzielte dabei gegen England ein legendäres Tor mit dem Hinterkopf. Seeler trug sich bei allen vier WM-Teilnahmen in die Torschützenliste ein – das gelang außer ihm nur noch dem Brasilianer Pelé. Insgesamt absolvierte er 72 Länderspiele (43 Tore). Wie kein anderer deutscher Fußballer eroberte Seeler („Uns Uwe“) durch seine Natürlichkeit die Herzen. Als erster Fußballer erhielt er 1972 das Große Bundesverdienstkreuz. Untrennbar verbunden ist seine Karriere mit dem Hamburger SV, mit dem er 1960 Deutscher Meister und 1963 Pokalsieger wurde. Für den HSV erzielte er in 239 Bundesligaspielen 137 Tore und in 237 Oberligaspielen 267 Tore. Nach der Karriere punktete Uwe Seeler vor allem durch soziales Engagement: Mit den Benefizspielen der Uwe-Seeler-Traditionself und mit der 1996 gegründeten Uwe-Seeler-Stiftung. Besonderen Wert legte er auf die Unterstützung von Kindern, die an Muskelschwund leiden. Über drei Jahrzehnte arbeitete Seeler im Kuratorium der Deutschen Muskelschwund-Hilfe. 

Uwe Seeler verstarb am 21. Juli 2022 im Alter von 85 Jahren in Norderstedt.

Uwe Seeler

Fußball

Größte Erfolge

  • WM-Zweiter 1966
  • WM-Dritter 1970
  • WM-Vierter 1958
  • Deutscher Meister 1960
  • Deutscher Pokalsieger 1963
  • Erster Torschützenkönig der Bundesliga 1963/64 (30 Tore)

Auszeichnungen

  • Aufnahme in die Hall of Fame des internationalen Fußballs (2023)
  • Ehrenpreis der Bundesliga (2016)
  • Hamburger Ehrenbürger (2003; als bisher einziger Sportler)
  • Goldene Sportpyramide (2002)
  • DFB-Ehrenschild (1973)
  • Ehrenspielführer der Nationalmannschaft (1972)
  • Bambi (1971)
  • Silbernes Lorbeerblatt (1970)
  • Großes Bundesverdienstkreuz (1970; als erster Fußballer)
  • Deutscher Fußballer des Jahres (1960, 1964 und 1970)
  • Goldenes Band der Sportpresse (1965)

Biografie

Uwe Seeler ist Unterstützer der Kampagne „Rettet den Spatz“, Ehrenschleusenwärter, Ehrenkommissar der Polizei, Ehrenkapitän des Großseglers Rickmer Rickmers, Schirmherr der Deutschen Seemannsmission, Gründer einer Stiftung für unterprivilegierte Kinder und Behinderte, seit vielen Jahren Unterstützer der Muskelschwund-Hilfe. Will heißen: Uwe Seeler ist für ganz viele da, und alle kennen Uwe Seeler. Und weil das so ist in Hamburg, hat die Hansestadt ihn zu ihrem 30. Ehrenbürger seit 1834 gemacht. Eine bemerkenswerte Wahl, denn in dieser Galerie stehen Prominente wie Otto von Bismarck, Johannes Brahms, Feldmarschall Blücher, Helmut Schmidt und John Neumeier. Sportler hatten bisher keinen Platz gefunden.

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Das kolossale Ansehen Uwe Seelers in seiner Geburtsstadt, und darüber hinaus, hat im Volkspark eine Form bekommen. Dort steht vor dem HSV-Stadion seit 2005 eine Bronzenachbildung seines rechten Fußes, vier Tonnen schwer, 5,15 Meter breit und 3,50 Meter hoch. Das Monument weist auf das Handwerk hin, das Uwe Seeler ausgeübt hat wie kein Zweiter und mit dem er zu einem Symbol geworden ist. In der Kette der Ehrenkapitäne der deutschen Fußball-Nationalmannschaft nach Fritz Walter und vor Franz Beckenbauer und Lothar Matthäus bildet er ein besonderes Glied. Walter stellt die Verbindung her zwischen dem katastrophal gescheiterten Hitler-Deutschland und dem erfolgreich begonnenen Wiederaufbau. Beckenbauer steht für das erblühte Gemeinwesen und seine weltweit erlangte Reputation, Matthäus für eine Wohlstandsgesellschaft, die sich viel an Luxus erlaubt. Seeler verkörpert den Nachkriegsdeutschen, der mit Ärmelhochkrempeln das Fundament für das Wirtschaftswunder gelegt hat und in Zufriedenheit ob des Erarbeiteten lebt. „Wir hatten nicht viel, aber egal, was Mutter gekocht hat, es hat immer geschmeckt“, berichtet Seeler über sein junges Leben im zerbombten Hamburg. „Als Kinder haben wir entweder Trümmergrundstücke frei geräumt oder gleich auf Kopfsteinpflaster gebolzt. Von Fallrückziehern hat das nicht abgehalten. Der ganze Körper war mit blauen Flecken bedeckt.“

Mit neun Jahren meldete ihn Vater Erwin, ein Arbeitersportler und als „Old Erwin“ beim Hamburger SV eine Größe, beim HSV an. Mit 15 begann Klein-Uwe eine Lehre als Speditionskaufmann, mit 16 durfte er zum ersten Mal in der Liga-Mannschaft spielen. Mit 17 erhielt er vom Deutschen Fußball-Bund eine Sondergenehmigung für dauerhaften Einsatz in der Oberliga-Mannschaft. Am 16. Oktober 1954, drei Monate nach dem WM-Triumph von Bern, beförderte Sepp Herberger den frühreifen 17-Jährigen, der so hoch springen konnte und ganz schnell im Antritt war, zum Nationalspieler.

Es begann der Herbst der Fritz-Walter-Ära und es dämmerte herauf das Uwe-Seeler-Jahrzehnt. Begonnen hat es 1960 mit dem Gewinn der Deutschen Meisterschaft des Hamburger SV, der mit Uwe Seeler seine glorreiche Zeit erlebte, und der Wahl zum Fußballer des Jahres, der 1964 und 1970 zwei weitere folgten. Wegweisend wurde das Jahr 1961. Herberger beförderte Seeler zum Nationalmannschaftskapitän. Adidas übertrug ihm durch Vermittlung des Bundestrainers die Handelsvertretung für Norddeutschland, was an einigen Tagen in der Woche zu folgenden Abläufen führte: Am Vormittag Kundenbesuch, am Nachmittag beim Nachhausefahren Training auf Sportplätzen an der Strecke.

Und dann war da im April in der Luxussuite im feinen Hamburger Hotel Atlantic eine bemerkenswerte Begegnung. Inter Mailands berühmter Trainer Helenio Herrera war samt Entourage eingeflogen und hatte ein „sensationelles Angebot“ mitgebracht, das Uwe Seeler so beschreibt: „Es war nicht nur eine Million. Die Nebengeräusche waren noch mal so gut.“ Nach drei Tagen habe er dann gesagt „Schluss, aus. Ich bin Hamburger und bleibe in Hamburg. Es kam aus dem Bauch heraus.“ Bis dahin war Uwe Seeler ein Aufsehen erregender Torjäger, der es in 237 Oberliga-Spielen zu 267 Treffern gebracht hatte. Nun erklomm er die erste Stufe eines „deutschen Vorbilds“, wie ihn Bundespräsident Horst Köhler aus Anlass des 70. Geburtstags nannte. Uwe Seeler der Gradlinige, der Bodenständige, der Normale, der Mann ohne Affären, der seit über einem halben Jahrhundert in einem Bungalow in Norderstedt lebt, seit 1959 mit Ilka verheiratet ist, die sich „Mäuschen“ und „Dicker“ nennen und deren Töchter Kerstin, Helle und Frauke heißen. Und der bei Bundesligabeginn 1963 als Lizenzspieler beim HSV maximal 1200 Mark monatlich verdienen durfte. „Uns Uwe“, wie Uwe Seeler jetzt landauf, landab genannt wurde, erlangte nun auch auf dem Fußballplatz Ruhm. Als dynamisch-artistischer Mittelstürmer, der seine Treffer auch springend, fliegend und notfalls im Sitzen erzielte, schoss er in 239 Bundesligaspielen 137 Tore. In 72 Länderspielen war er 43 Mal erfolgreich.

Als Anführer und Antreiber seiner Mannschaften personifizierte er seinen Wahlspruch des „nie Aufgebens“. Und er wurde bei allem Siegeswillen und Einsatz zum vorbildlichen Sportsmann. Die Flanke kam von Karl-Heinz Schnellinger. „Ich springe dem anfliegenden Ball entgegen. Er landet dort, wo ich relativ wenige Haare habe. Auf meinem Hinterkopf. Und das Wunderbare passiert: Der Ball landet dort, wo er hingehört.“ So hat Uwe Seeler jenen magischen Moment erlebt, der bei der Weltmeisterschaft 1970 in Mexiko zum 2:2-Ausgleich im Viertelfinale gegen England führte und damit die Revanche ermöglichte für die unglückliche WM-Finalniederlage gegen die Briten vier Jahre zuvor. Gerd Müller machte den 3:2-Sieg perfekt und ebnete damit den Weg zum „Spiel des Jahrhunderts“ im Halbfinale gegen Italien (3:4).

Die Erinnerung an das Londoner Endspiel 1966 mit dem entscheidenden Wembley-Tor hängt eng zusammen mit einem großen Foto, das in Uwe Seelers Hauskeller aufbewahrt ist: „Ich verlasse mit hängendem Kopf das Stadion – das Foto ist ein Dokument, wie brutal Sport sein kann und wie gnadenlos der Sportler dieser Brutalität ausgesetzt ist.“ Der große Fußballer, der so hungrig nach Siegen war, wurde in den Augenblicken der wohl bittersten Niederlage der deutschen Sportgeschichte auch zu einem Abbild der Fairness und zu einem Botschafter für Sportlichkeit. Am 1. Mai 1972 endete Uwe Seelers Karriere mit einem Spiel des HSV gegen eine Weltauswahl, zwei Jahre, nachdem er als erster Fußballer mit dem Großen Bundesverdienstkreuz ausgezeichnet worden war. Kurz darauf triumphierte die wohl beste deutsche Nationalmannschaft als Europameister, zwei Jahre später wurde Deutschland zum zweiten Mal Weltmeister. Das ist Uwe Seelers kleine Tragik: beim ersten WM-Triumph war er noch zu jung, beim zweiten schon zu alt. Es blieb bei vier Weltmeisterschaften ein zweiter, dritter und vierter Platz. Das hat seinen Ruf nicht geschmälert. Der geriet überhaupt nur einmal kurz in Gefahr. Das war zwischen 1995 und 1998, als er sich überreden ließ, seinem Not leidenden HSV als Präsident zu dienen. Der Verein lebte in Abstiegsgefahr, der Vorstand war in Immobiliengeschäfte verwickelt. Beim Derby gegen den FC St. Pauli zeigten Anhänger des Kiezvereins Transparente wie „Euch Uwe klaut“, worauf die HSV-Westkurve im Chor antwortete: „Übersteiger Zeckenblatt, wir haben eure Lügen satt.“ „Übersteiger“ nennt sich das St. Pauli-Magazin. Uwe Seeler zog Konsequenzen. Er erkannte sich in seiner Präsidentschaft als Fehlbesetzung. Und er posierte als Titelblatt für den „Übersteiger“ und gab ihm ein Interview.

Damit hatte er in seiner Stadt etwas Unerhörtes zu Stande gebracht, eine friedliche Koexistenz auf Zeit zwischen Gegenwelten. „Ich habe nie abgehoben und bin immer Uwe Seeler geblieben. Ich habe kein Problem damit, ein Vorbild zu sein“, sagt der bescheidene Mann. Die Euro-Millionen, die ein Nationalmannschaftskapitän heute jährlich verdient, lassen ihn ziemlich kalt: „ Was es nicht gibt, das vermisst man nicht.“ Der Spatz in der Hand war ihm immer wichtiger als die Taube auf dem Dach. Und überhaupt, eine Stadt ohne Spatzen könne er sich nicht vorstellen, sagt Uwe Seeler. Der Spatz gehöre zu Hamburg wie Elbe und Alster. Das gilt für ihn selbst auch.

Günter Deister, April 2006

Literatur zu Uwe Seeler:

Uwe Seeler: Danke, Fußball! Mein Leben. Reinbek bei Hamburg 2004
Robert Becker: Uwe Seeler und seine goldenen Tore. München 1991


Weitere Mitglieder der Hall of Fame

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